Betriebseinrichtungen der Küstenfunkstelle

Zur Küstenfunkstelle Norddeich Radio gehörten die Empfangsfunkstelle und Betriebszentrale in Utlandshörn bei Norden/Ostfriesland und die dazugehörigen Sendefunkstellen "Osterloog" bei Norden. Dazu die Sendefunkstellen „Sahlenburg“ bei Cuxhaven und „Elmshorn“ bei Hamburg. Eine räumliche Trennung von Empfangs- und Sendefunkstellen war notwendig, damit störende Beeinflussungen der Empfangsanlagen durch die Aussendung der eigenen starken Sender vermieden wurden. Eine Ausnahme bildeten die Ultrakurzwellen-Sendeanlagen. Sie konnten aufgrund ihrer geringen Sendeleistung bei der Empfangsfunkstelle in Utlandshörn untergebracht sein.

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Funkbetriebsplätze der Betriebszentrale - Telegrafiefunk

Die Betriebszentrale verfügt über die unterschiedlichsten Übertragungsverfahren, wie Telegrafie (Morse), Sprechfunk und Funkfernschreiben. Sämtliche Funkbetriebsplätze enthalten nur die Bedienungs- und Anzeigeorgane. Die „aktiven“ technischen Einrichtungen – das sind die eigentlichen Sender und Empfänger – werden abgesetzt betrieben, d.h., die Einrichtungen sind in Technikräumen aufgebaut und werden über Mehrfachkabelverbindungen von bis zu 50 m Länge oder über Fernwirkeinrichtungen (bei größeren Entfernungen) von den Betriebsplätzen aus gesteuert. Dies hat den Vorteil, dass der größte Teil der Instandsetzungs-, Pflege- und Wartungsarbeiten ohne wesentliche Beeinträchtigung des Funkbetriebes ausgeführt werden kann. Für den Telegrafiefunkdienst auf Mittelwelle (415-526,5 kHz) und Kurzwelle (4-27,5 MHz) stehen 16 Funkbetriebsplätze mit insgesamt 20 fernbedienbaren Allwellenempfängern (10 kHz-30 MHz) zur Verfügung.

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Dauerwachplätze und Seenotplatz

Davon sind vier Dauerwachplätze mit jeweils zwei Funkempfängern bestückt, zur Beobachtung der Telegrafie-Anrufkanäle im 4, 6, 8, 12, 16, 22 (25) MHz-Bereich, und ein Platz wird zur ständigen Beobachtung der internationalen Seenot und Anruffrequenz 500 kHz besetzt. Die Plätze aller Dauerwachen sind so angeordnet, dass die Mitarbeiter Zugriff haben zu einer drehbar angeordneten „Telegramm-Boje“, in der alphabetisch nach Schiffsrufzeichen die vorliegenden Telegramme für die Leute an Bord bereitgehalten werden. Die Abwicklung des Funkverkehrs wird dann zu gegebener Zeit von den Mitarbeitern an den elf verbleibenden Funkbetriebsplätzen übernommen.

Zur Verbesserung der Empfangsqualität können die Funker bei Norddeich Radio verschiedene Rund- oder Richtantennen wahlweise benutzen. Die zurzeit zur Verfügung stehenden sechs Mittel und 28 Grenz-/Kurzwellensender werden bei Einsatz im Telegrafiebetrieb mittels vollelektronischer oder Handmorsetaste getastet.

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Anzeige- und Bedienfelder der Funkarbeitsplätze

Nach einem Hörbereitschafts- und Sendeeinsatzplan, angepasst an die unterschiedlichen Ausbreitungsbedingungen der Kurzwelle, werden die in den verschiedenen Frequenzbereichen benötigten Sender über Anzeige- und Bediengeräte ferngesteuert (Sender „ein“, „aus“, „bereit“, Betriebsart, Frequenzänderung, Auswahl der Antenne, Richtungsänderung der drehbaren Kurzwellenantennen).

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Ausrüstung der Funkbetriebsplätze

Die Funkbetriebsplätze sind für die Aufnahme von Telegrammen mit versenkbaren Schreibmaschinen ausgerüstet. Damit sich die Mitarbeiter untereinander mühelos verständigen können ist eine umfangreiche Rundsprech- und Nebenstellenanlage installiert. Von jedem Funkbetriebsplatz aus besteht zudem Zugriff zu einer Förderbandanlage, die mit Hilfe codierter Taschen das empfangene oder abgesetzte Nachrichtenmaterial an jeden zur weiteren Bearbeitung notwendigen Platz transportiert.

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Besondere Funkdienste

Zur Abwicklung der besonderen Funkdienste, zum Beispiel Aussendung von Wetterberichten, Wetterwarnungen, nautischen Warnnachrichten, Eisberichten und Übermittlung von Telegrammen im einseitigen Funkverkehr, sind besondere Räume eingerichtet.

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Raumplan der Empfangsfunkstelle im Neubau in Utlandshörn (Quelle: Broschüre 75 Jahre Norddeich Radio). Die technischen Einrichtungen befanden sich ein Stockwerk tiefer.

  1. Morse-Telegrafie
  2. Kurzwellen-Telefonie
  3. Grenzwellen- und UKW-Telefonie
  4. Peilfunkplatz
  5. Studio (Nautischen Warnnachrichten, Sturm-/Orkanwarnungen und Wetterberichte nach Zeitplan auf 2614kHz)
  6. Schichtleiter und Aufzeichnungsgeräte
  7. Funkfernschreibraum (SITOR)
  8. Einseitiger Dienst (EV)
  9. Leitstelle
  10. Telegrammbetriebsstelle

Funkfernschreibplätze

Funkfernschreibverbindungen zwischen Telexteilnehmern an Land und den Seefunkstellen werden auf der Grenzwelle (1.605-4.000 kHz) und den Kurzwellenbereichen 4, 6, 8, 12, 16, 22 MHz hergestellt.

Jeder der vier vorhandenen Funkfernschreib-Betriebsplätze verfügt über einen fernbedienbaren Allwellenempfänger (10 kHz-30 MHz) mit besonderer Abstimmanzeige, einen Antennenwahlschalter für verschiedene Rund- und Richtfunkantennen, ein Anzeige- und Bedienfeld zur Senderfernbedienung, einen Blattfernschreiber mit Lochstreifensender und Lochstreifenempfänger, ein SITOR-Gerät zur Funkaufbereitung der Fernschreibzeichen sowie Überleiteinrichtungen in das Telexnetz, Bedien- und Kontrolleinrichtungen.

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Sprechseefunk-Arbeitsplätze

Der Sprechseefunkdienst auf den Frequenzen im Grenzwellenbereich (1.605-4.000 kHz), Kurzwellenbereich (4-27,5 MHz) und Ultrakurzwellenbereich (156-174 MHz) wird von zwölf Funkbetriebsplätzen sichergestellt. Vier davon werden im Wesentlichen zur ersten Kontaktaufnahme als Anrufplätze sowie zur Beobachtung der internationalen Seenot- und Anruffrequenzen 2.182 kHz und 156,8 MHz (Kanal 16) genutzt. Zusätzliche Einrichtungen zur Aussendung von Alarmzeichen, Warnzeichen und Selektivrufen sind vorhanden.

Acht Funkbetriebsplätze stehen zur Abwicklung der Seefunkgespräche und teilweise zur Entgegennahme der Anrufe von Schiffen im Ultrakurzwellenbereich zur Verfügung. Die zur Funkverbindung benötigten Grenz- und Kurzwellensender werden ebenfalls über Anzeige- und Bedienfelder von den Funkbetriebsplätzen aus fernbedient.

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Selektivruf

Seefunkstellen, die am Selektivrufverfahren teilnehmen, werden sofort nach Eingang eines Telegrammes, einer Gesprächsanmeldung oder eines Funkfernschreibens auf den dafür vorgesehenen Frequenzen gerufen. Je nach Funkausrüstung der Seefunkstellen wird der aus einer fünfstelligen Tonfolge bestehende Selektivruf auf verschiedenen Frequenzen (500 kHz, 2.170,5 kHz, 156,8 MHz und Kurzwellen-Bereiche) ausgestrahlt. Bei der Seefunkstelle wertet ein Selektivruf-Decoder den Ruf aus und „gibt Laut“, wenn er angerufen worden ist.

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Meldeplatz – Annahme von Gesprächsanmeldungen

An einem besonderen Platz in der Leitstelle, dem „Meldeplatz“, werden Seefunk-Gesprächsanmeldungen direkt von Landteilnehmern, oder von Fernämtern entgegen genommen. Die in der Leitstelle bearbeiteten Telegramme und Gesprächsanmeldungen werden über eine Förderbandanlage direkt zu den Funkbetriebsplätzen bzw. zur Telegrammbetriebsstelle weitergeleitet.

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Telegramm-Betriebsstelle

Zur Weiterleitung der von See empfangenen oder von Land angenommenen Telegramme oder Funkfernschreiben ist Norddeich Radio über 17 Fernschreiber mit dem Telex- und Gentexnetz national und international verbunden.

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Buchung - Buchen von Daten

Die Kräftegruppe „Buchen von Daten für die Abrechnung von Seefunkgebühren und für die Statistik“ bei der Küstenfunkstelle Norddeich Radio übernimmt an 11 Arbeitsplätzen die Erfassung von See- und Rheinfunkgebühren. An sieben Dateneingabegeräten werden die Angaben für die Abrechnung – zurzeit mehr als 100.000 Belege monatlich – elektronisch auf Disketten gespeichert. Die Disketten werden an ein Rechenzentrum in Frankfurt am Main geschickt und von dort zusammen mit dem Posttechnischen Zentralamt (Auslandsabrechnung) weiter bearbeitet.

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Empfangsantennen in Utlandshörn

Auf dem Gelände der Empfangsfunkstelle in Utlandshörn sind verschiedene Antennenformen zu sehen. Zwei auf 40 m hohen Türmen montierte Rundempfangsantennen (Discone) sowie ein System von acht Richtantennen (logarithmisch-periodisch) dienen dem Empfang der Kurzwellen. Für den ungerichteten Empfang der Mittel- und Grenzwellen stehen zwei Stahlgittermasten von je 44 Meter Höhe und für den Grenzwellen-Richtempfang – Nord und West – zwei Langdrahtantennen (Beverage) zur Verfügung.

Die Ultrakurzwellen-Sende- und Empfangsantennen sind in Höhen zwischen 56 und 75 Meter an einem besonderen Turm angebracht.

Zur Peilung von Funksignalen im Mittel- und Grenzwellenbereich wird ein Antennensystem aus acht bzw. neun kreisförmig angeordneten Stabantennen eingesetzt.

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Stromversorgung der Empfangsfunkstelle - Notstromversorgung

An die Stromversorgung der Betriebszentrale muss eine hohe Anforderung an Sicherheit gestellt werden. Aus dem Netz zugeführte 20.000 Volt versorgen Umspanner, die für eine Betriebsspannung von 380/220 Volt sorgen. Bei Ausfall des Netzes übernimmt ein Dieselaggregat die gesamte Stromversorgung der Station.

Die Sendefunkstellen von Norddeich Radio - Osterloog

Wenden wir uns den drei Sendefunkstellen von Norddeich Radio zu. Hier sind die verschiedenen Sender für die Frequenzbereiche Mittelwellen, Grenz- und Kurzwellen mit den zugehörigen Antennenanlagen untergebraucht. Aus physikalischen Gründen – gute Ausbreitung der Bodenwellen in den Mittel- und Grenzwellenbereichen über See – werden die hierfür eingesetzten Sender bei den küstennahen Sendefunkstellen Osterloog und Sahlenburg betrieben.

In Osterloog stehen 14 moderne, von der Betriebszentrale in Utlandshörn aus fernbedienbare Automatiksender. Es sind sechs Kurzwellensender mit 20 kW Hochfrequenzleistung und einem Frequenzbereich von 3,5 – 30 MHz sowie acht kombinierte Grenz-/Kurzwellensender von je 10 kW Hochfrequenzleistung bei einem Frequenzbereich von 1,5 – 28 MHz.

Die Sender können im kommerziellen Funkdienst für alle in Frage kommenden Sendearten eingesetzt werden und sind somit zukunftssicher. Die umfangreichen automatischen Fernbedieneinrichtungen für diese Sender sind in der Steuerzentrale untergebracht. Überdies sind fünf halbautomatische Sender für die Mittelwellen-Frequenzen vorhanden.

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Die Antennen der Sendefunkstelle Osterloog

Die Antennenanlage besteht zur Zeit aus neun 22 Meter hohen Kurzwellen-Rundstrahl-Reusenantennen, von denen drei auch für Grenzwellen abstimmbar sind, dazu vier Horizontaldipolen (Fächerantennen) für Grenz- und Kurzwellen sowie drei 40 Meter Rohrmasten zur gleichzeitigen Abstrahlung von zwei Frequenzen im Grenzwellenbereich.

Der weithin sichtbare 133 Meter hohe Rohrmast mit einem Durchmesser von einem Meter strahlt auf der internationalen Not- und Anruffrequenz 500 kHz. Weitere vier 65 Meter hohe Stahlgittermasten werden für Mittelwellen-Frequenzen eingesetzt. Vier durch Fernsteuerung von der Betriebszentrale Utlandshörn drehbare Richtstrahlantennen, sogenannte logarithmisch-periodische Antennen, werden hauptsächlich für Kurzwellen-Telefonie und Funkfernschreiben eingesetzt. Diese Antennen verbessern den Empfang bei den Seefunkstellen erheblich.

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Die Stromversorgung der Sendefunkstelle - Notstromversorgung

Die Stromversorgung der Antennenanlage in Osterloog wird über drei 20.000 Volt Drehstrom-Ringkabel sichergestellt. Die Betriebsspannung von 380/220 Volt wird von drei Transformatoren mit einer Leistung von je 610 kVA erzeugt. Zwei automatisch startende Dieselaggregate von je 450 kVA Leistung dienen als Netzersatzanlage. Bei einer Leistung von zusammen 900 kVA liefern sie bei Netzausfall in wenigen Sekunden den nötigen Strom für den gesamten Betrieb.

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Norddeich Radio nutzte außer Norden/Osterloog noch die Sendefunkstellen Sahlenburg (bei Cuxhaven) und Elmshorn/Sibirien.

Sendefunkstelle Sahlenburg

Die Sendestelle Sahlenburg wurde ursprünglich für Cuxhaven Radio (später Elbe-Weser Radio) errichtet und ab 1958 von Norddeich Radio fernbedient [seefunknetz.de].

Bei der Sendefunkstelle Sahlenburg bei Cuxhaven standen für Norddeich Radio zwei moderne Grenz-/Kurzwellensender von je 10 kW Hochfrequenzleistung und einem Frequenzbereich von 1,5 – 28 MHz sowie zwei Mittelwellensender mit einer Leistung von 3 kW (fernbedienbar) zur Verfügung. Die Antennenanlage bestand aus zwei Reusenantennen und zwei selbststrahlenden 67 Meter hohen Stahlgittermasten [Stand 1982].

Urheberrechte Bild:
RaBoe/Wikipedia,
Kuestenfunkstelle Sahlenburg 01.jpg,
CC BY-SA 3.0 DE
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Sendefunkstelle Elmshorn

Die Sendefunkstelle Elmshorn (auch „Sendefunkstelle Sibirien“)* war eine Sendeanlage der Deutschen Reichspost, später Deutschen Bundespost, die 1942 in Betrieb ging und im Frequenzbereich der Kurzwelle betrieben wurde. Bis zur deutschen Kapitulation im Mai 1945 diente sie als Rundfunksendestelle im Rundfunkdienst und in der Nachkriegszeit als Küstenfunkstelle im mobilen Seefunkdienst [Wikipedia Mai 2023].

14 Automatik-Kurzwellensender mit einer Hochfrequenzleistung von 20 kW bei der Sendefunkstelle Elmshorn wurden größtenteils für den Telegrafiefunk- und Fernschreibdienst eingesetzt. Unterschiedliche Antennenformen, unter anderem auch drehbare Richtstrahler, waren zur Abstrahlung der Hochfrequenzenergie mit den Sendern verbunden. Ebenfalls wird diese Sendeanlage von der Betriebsstelle in Utlandshörn fernbedient [Stand 1982].

* Sibirien ist ein Ortsteil von Elmshorn mit einem Wäldchen mit Teich, Gastwirtschaft und Minigolf-Anlage am nördlichen Stadtrand.

Die Fotos wurden freundlicherweise vom
Amt für Kultur und Weiterbildung l Stadtarchiv
der Stadt Elmshorn zur Verfügung gestellt.

Die Küstenfunkstelle Norddeich Radio war bis zuletzt zuverlässig in der Lage, mit den ihr zur Verfügung stehenden technischen Anlagen, Funkverbindungen mit Schiffen herzustellen.

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